Das Streichholzhaus

Eugenia Senik vereint schlichten Stil mit komplexen Charakteren und erzeugt bewegende erzählerische Intensität.
— Dr. Anna Gielas, BÜCHERmagazin

Die Streichholzmetapher zieht sich durch den selbst ernannten »Dokumentarroman« von der ukrainischen Autorin Eugenia Senik: Der Gedanke, dass wir Menschen gleichzeitig allein und gebrechlich sind und trotzdem in der Gemeinschaft Halt und Stärke finden. Anna, die Protagonistin, verlässt die Ukraine und zieht in eine ganz besondere Gemeinschaft, ein Obdachlosenheim in der Westschweiz, in der die Bewohner, auch »compagnons« genannt, weggeworfene Gegenstände reparieren und weiterverkaufen. Dort will sie das Leben und die Menschen verstehen. Tagtäglich konfrontiert mit der Masse an Gegenständen, die keinen Platz mehr in der Gesellschaft haben, prangert Anna die Konsumgesellschaft an: Warum werfen wir so viel weg, was noch benutzbar ist? Als ihr ein »compagnon« Tile einer Enzyklopädie aus dem Jahr 1733 zeigt, die eigentlich für den Müll bestimmt sind, kann sie es nicht fassen: »Diese Bücher sind 253 Jahre älter als ich. Sie haben Weltkriege überstanden, was nicht vielen Menschen gelungen ist. Wie können wir sie nur auf den Müll werfen?« Aber an die Stelle von Enzyklopädien ist das Internet getreten, das scheinbar alle Informationen bietet und so muss Anna schweren Herzens lernen, dass sie nicht alles retten kann.

Ich kann das Buch wirklich jedem empfehlen. Mich haben die Themen in diesem Buch umgehauen und lassen mich nachdenklich, dankbarer, reflektierender aber auch bodenständiger zurück
— HYGGE.LESEWURM

In kurzen Kapiteln, durchzogen von den erfrischenden Zeichnungen des ukrainischen Illustrators Serhii Kostyshyn, erzählt die Autorin die Geschichten der Menschen aus dem Obdachlosenheim, ihre Vergangenheit und Wünsche für die Zukunft. Jeder hier hat eine andere, individuelle Geschichte, und doch findet sich immer wieder ein roter Faden, allen voran die systematische Unwilligkeit unserer Gesellschaft, sich mit den Menschen an ihren Rändern zu befassen. Mut zum Unmöglichen braucht Anna, als in der Ukraine der Krieg ausbricht und sie zurückkehrt, aber ihre Heimat nicht wiederfindet. Was bedeutet es ein Zuhause zu haben und wo finde ich das Gefühl der Heimat?: Auch die Autorin Eugenia Senik, mit bürgerlichem Namen Yevheniia Senikobylenko, muss sich mit dieser Frage auseinandersetzen. Geboren 1986 in dem ostukrainischen Luhansk, ist sie selbst seit 2014 heimatlos: »Als ich diesen Roman 2012 angefangen habe, hatte ich noch keine Ahnung, was es wirklich bedeutet, obdachlos zu sein«, erzählt die Autorin im Regionaljournal Basel.

Der Text wirkt nüchtern und ist es dann letztendlich nicht. Es ist eine beeindruckende Lektüre über Menschlichkeit [...]
— Hauke Harder, leseschatz.com

Das Streichholzhaus, basierend auf eigenen Erfahrungen in einem Obdachlosenheim, ist ihr erster Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde. Der PEN Ukraine nahm ihn in die Liste der besten ukrainischen Bücher 2019 auf.

Oberer Text geschrieben von: Jonas Roos, Lisa-Marline Fenn, Vincent Müller, Berfin Ince und Caroline Schäferbarthold von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld. Danke euch!

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Denn es schmerzt (Roman)