Die Schuld der Überlebenden

Die ukrainische Autorin Eugenia Senik aus Basel hat Schuldgefühle. Wie ihr geht es vielen Ukrainer*innen, die jetzt hier in Sicherheit sind. Eugenia versucht in einer Reihe bei Bajour mit Worten, Wege aus der Ohnmacht zu finden.

Nach dem ersten Schock kommen wir langsam in eine neue Phase. Erschöpfung, unendliche Spannung und riesige Frust, unfähig zu sein, diesen barbarischen Krieg zu stoppen. Das macht uns, die Ukrainer*innen, irritiert, gereizt und intolerant zueinander.

«Was hast du gemacht?»

«Ja, du kannst es dir leisten, den Ukrainern wie bei einem Fulltimejob zu helfen. Und ich muss um mein Überleben kämpfen.»

«Ich wünschte, ich könnte auch mehr machen. Mich frisst jeden Tag dieses grosse Schuldgefühl.»

«Du hast mir nicht zugehört, wenn ich dich am meisten brauchte!»

«Warum bist du so gestresst? Du bist doch in der Schweiz und dir geht's gut?»

Ich habe euch gehört. Ihr seid ängstlich und ihr fühlt unendliche Schuld. Ich fühle es auch. Ich schlafe damit ein und wache unter dieser enormen Belastung wieder auf. Ich mache dauernd Pausen mit dem Studium, gebe die Arbeit auf und lege meinen Roman, den ich schon seit 10 Jahren nicht beenden kann, auf die Seite. 

Ich gebe alle meine Kräfte an die Hilfe für die Ukraine. Und wisst ihr, was ich am Ende des Tages fühle? Frust und Schuld. Egal, wer wie viel jetzt macht und wie viele Stunden er pro Tag investiert. Es ist nie genug, um den Krieg zu stoppen. Um das tägliche sterben von Kindern und Zivilist*innen, sowie die von Soldat*innen, zu beenden.

Den Rest des Textes könnt ihr hier weiterlesen


Weitere Texte von Eugenia Senik findet ihr auf bajour.ch

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In Basel in Sicherheit, aber todtraurig

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«Liebe Jewa» – ein Brief an meine Nichte in der Ukraine